„Ich habe großen Respekt davor, wie Menschen ihr Leben annehmen“
Zum Abschied von Anne Hölting
Nach 25 Jahren verlässt Anne Hölting zum 31.03.2024 auf eigenen Wunsch die Paritätischen Dienste Bremen, um sich neuen Aufgaben zu widmen. Tobias Fisahn wird die Geschäftsführung ab dem 01.04.2024 alleine übernehmen. Als Nachfolgerin in der Pflegedienstleitung und als stellvertretende Geschäftsführerin wird Julia Schmidt ab dem 15.04.2024 das Team verstärken.
Begonnen hat alles im letzten Jahrhundert: Zum 01.05.1999 nahm Anne Hölting ihre Tätigkeit bei den Paritätischen Diensten Bremen (PDB) auf. Ihre erste berufliche Station war die der stellvertretenden Pflegedienstleitung im Findorffer Pflegedienst, an dem neben den PDB auch der Bremer Wohnstift e.V. beteiligt war. Den Notizen des damaligen Bewerbungsgespräches lässt sich noch entnehmen, dass sie in dem Gespräch als „selbstbewusste junge Frau“ aufgetreten ist. „Schön, dass das so gewirkt hat. In Wirklichkeit saß mir das Herz in der Hose und klopfte bis zum Hals“, lacht Anne Hölting heute.
Nach einer Zwischenstation im Haus Weidedamm, in dem sie das noch junge AkzentWohnen leitete, wechselte Anne Hölting schließlich 2004 in die Geschäftsstelle der PDB und übernahm bis 2010 allein die Pflegedienstleitung für den Gesamtbetrieb. Durch die Professionalisierung der Pflege stiegen im Laufe der Jahre die Anforderungen an die Pflegequalität und - organisation. Außerdem expandierten die PDB nach und nach, so dass mehr Ressourcen in der Pflegedienstleitung erforderlich wurden.
2015 wurde das Dienstleistungsangebot der PDB in drei Fachbereiche aufgeteilt, die fortan jeweils von einer Pflegedienstleitung verantwortet wurden. Anne Hölting übernahm den Fachbereich der Persönlichen Assistenz/ISB. Dieser sehr besonderen Form der Unterstützung für körperbehinderte Menschen hatte sie sich stets verbunden gefühlt, wenngleich der Start für sie nicht einfach war. „Als Krankenschwester wurde ich anfänglich mit Argusaugen angeguckt. Die Assistenznehmer*innen hatten Bedenken vor Fremdbestimmung“, erinnert sich Anne Hölting. Die anfänglichen Schwierigkeiten sind längst vergessen, denn durch die vielen Gespräche und Begegnungen mit den körperbehinderten Menschen lernte sie schnell, sich in ihre Position zu begeben und diese Sichtweise auf die organisatorischen Abläufe in der Persönlichen Assistenz zu übertragen. Und zusammen mit ihrem Team aus Einsatzleitung, Koordinatoren und Assistent*innen immer wieder Lösungen für zum Teil schwierigste Situationen zu finden. Lösungen, die den Klient*innen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu Hause ermöglichen. Über die Jahre sind dadurch viele berührende Erlebnisse entstanden. Zum Beispiel die Geschichte eines Mannes aus Nordrhein-Westfalen, der 2010 einen Schlaganfall erlitt, in dessen Folge er bis heute körperlich stark eingeschränkt ist. Da der damals 43-Jährige zu Hause nicht mehr alleine leben konnte und es in seiner Umgebung keine Wohnangebote für junge körperbehinderte Menschen gab, wurde er in einem Pflegeheim für Menschen mit Demenz untergebracht. „Seine Schwester lebt in Bremen und hat damals Kontakt zu mir aufgenommen. Sie berichtete, dass es ihm dort psychisch sehr schlecht geht und er sich aufgegeben hat“, erzählt Anne Hölting. Seit 2013 lebt dieser Mann in seiner eigenen Wohnung in Bremen. „Durch eine Kombination aus dem AkzentWohnen und der Persönlichen Assistenz ist er schnell wieder aufgeblüht und gestaltet seine Freizeit bis heute sehr aktiv“, so Anne Hölting.
Im Jahr 2018 stieg Anne Hölting zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Pflegedienstleitung in die Geschäftsführung ein. Ab 2021 übernahm sie außerdem die Pflegedienstleitung für die PflegeZentrale in Horn und für die Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz im Haus im Viertel.
Als eine der größten Herausforderungen beschreibt Anne Hölting die Corona-Pandemie. Die gesamten Abläufe sicher zu gestalten, Lösungen für Situationen zu finden, für die selbst die Politik nicht immer eine Antwort hatte und gleichzeitig die Verantwortung für Klient*innen und Mitarbeiter*innen zu übernehmen - das hat viel Kraft gekostet. „Aber ich habe selten so viel Schulterschluss untereinander erlebt, wie zu dieser Zeit. Viele unserer Mitarbeiter*innen sind regelrecht über sich hinausgewachsen und haben mit großem Einsatz und viel Kreativität zum Teil Unglaubliches geschafft. Und auch die Ämter und Behörden sowie unser Landesverband haben uns oft ganz pragmatisch unterstützt “, erinnert sich Anne Hölting.
Und ihr „Pari-Gefühl“? Das beschreibt Anne Hölting so: „Mitarbeitende, Klient*innen mit oder ohne Behinderung, Chef*in - das spielt alles erstmal gar keine Rolle. Wir sind hier als Menschen gemeinsam unterwegs.“
Liebe Anne, wir danken Dir, dass Du so lange mit uns unterwegs warst. Wir drücken Dir die Daumen für die neuen Abenteuer!
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